Tag Archives for " Mystik "

1

Die Vier Elemente: Feuer-Wasser-Luft-Erde

Vom Schmuck der Himmlischen Freuden

Solcher Freuden Schmuck ist geistlicher Natur und dauert ewig und kann nicht abgeschätzt werden. Dabei ist es nicht so, als ob sich Gold und Edelsteine oder Geschmeide aus irdischer Asche in der Ewigkeit des himmlischen Lebens vorfänden, vielmehr werden die Auserwählten mit den guten und gerechten Werken auf geistliche Weise geziert, so wie auch ein Mensch sich nur körperlich mit kostbarem Geschmeide schmückt.

Ich aber, der Baumeister der Welt, gab Meinem Werk, dem Menschen nämlich, mit jener Wissenschaft, die ich in ihm anlegte, die Möglichkeit, seine eigenen Taten zu wirken, auf dass er mittels der Erde und des Wassers, über die Luft und das Feuer, aus denen auch er selbst besteht, seine Werke zur Vollendung brächte. Immer wenn er Gutes wirkt, wird ihm der Schmuck aus seinen guten Taten in der Herrlichkeit des unausschöpflichen Lichtes auf ewig vorbereitet, so wie auch das Firmament mit den Gestirnen und wie die Erde mit den Blüten hier in der Zeit geschmückt werden.

Wenn aber der Mensch mitunter in irdischer Pracht geschmückt wird, seufzt seine Seele auf. Erinnert sie sich doch daran, mit welchen Werken sie eigentlich geschmückt sein müsste. Und wie der Mensch sich mittels Feuer und Luft wie auch durch Wasser und Erde seine Ausrüstung schiedet, und wie er sich sein Gewand nach seinem Gefallen auf den Leib zuschneidert, so bereitet auch Gott den Heiligen ihre Ausrüstung ganz nach ihren Werken vor, die Er jedoch aus keinem anderen Stoff nimmt, als den Er aus sich schöpft, wie Er auch die ganze Welt rein aus sich selbst geschaffen hat. Und so sollte auch der Mensch sein Werk durch kein fremdes Geschöpf auf der Welt, sondern aus seiner eigenen Natur bestimmen und zur Durchführung bringen.

Hildegard von Bingen

Aus dem „LIBER VITAE MERITORIUM“ (Das Buch der Lebensverdienste) 6. Teil Abs. 59, geschrieben im Jahr 1158

Hildegard von Bingen

 

 

 

 

 

 

 

 

Hildegard von Bingen

Magie und Mystik im 3. Jahrtausend

Vorwort von Emil Stejnar

Es gehört zu den Urinstinkten des Menschen, dass er bei dem Gedanken an den Tod auch an die Möglichkeit einer Auferstehung glaubt. Man macht sich Hoffnung auf ein Leben in einer anderen Welt. Das ist ein Phänomen des Geistes, der das Bewusstsein trägt. Doch wie ist dieser Geist gestaltet, der den Tod überlebt? Worauf ruht das Bewusstsein, das von sich sagt: „Ich bin“? Und was erwartet einen in dieser jenseitigen Welt?

Die verschiedenen Religionen, Philosophien und esoterischen Traditionen bieten unterschiedliche Antworten an. Auch die Naturwissenschaften liefern keine gesicherten Erkenntnisse, die das Dunkel erhellen. Das Thema, das die Menschen am meisten beschäftigt, ist über Jahrtausende eine Glaubensfrage geblieben.

Mit den Büchern der Magie und Mystik des 3. Jahrtausends hat sich das grundlegend geändert. Sie weisen einen Weg, auf dem jeder der ihm folgt, selbst eine Antwort finden kann. Die besonderen Praktiken der modernen Geisteswissenschaften ermöglichen Suchenden, die bereit sind, etwas zu versuchen, eigene Erfahrungen im Diesseits und im sogenannten Jenseits zu sammeln. Es ist ein Weg, den jeder ohne besondere Vorkenntnisse gehen kann. Und deshalb ist eine Warnung an den Leser angebracht.

Wer sich von den gegebenen Instruktionen magische Macht erwartet und sich damit sein Leben erleichtern will, wird zwar nicht enttäuscht werden und – wenn er die Übungen gewissenhaft macht – erreichen was er will, aber dies ist nicht das Ziel des beschriebenen Wegs. Es geht nicht darum, mit der Macht des Geistes sein Schicksal oder die Welt zu verändern, sondern umgekehrt sich selbst so zu wandeln, dass einen die Schicksalsmächte und die Welt nicht mehr aus dem Gleichgewicht bringen können. Das Ziel ist nicht, Geister zu beschwören, damit sie einem dienen, sondern die Macht des eigenen Geistes zu entwickeln, damit man selbst und bewusst auf allen Ebenen agieren kann. Die magische Geistesschulung dient in erster Linie dazu, sich selbst, sein geistiges Wesen neu zu gestalten, zu vervollkommnen und zu erweitern, so dass man seine irdisch ausgerichteten Wesensteile beherrscht und ihre innewohnende Kraft gezielt in geistige Energie transformieren kann. Nur wer sich selbst und sein Leben im Griff hat, ist in der Lage, auch über die geistigen Mächte zu gebieten.

Ein Adept ist etwas Außergewöhnliches

Ein Adept ist etwas Außergewöhnliches. Aber nicht weil er hellsehen, Löffel biegen oder Wasser in Wein verwandeln kann. Die Größe und Bedeutung eines Eingeweihten zeigt sich in dem, was er für andere zu leisten vermag. Ein Wundertäter bringt die Menschheit nicht voran. Der wahre Wert eines Magiers ist nicht magische Macht, sondern eine Fähigkeit, die der ganzen Menschheit dient. Herausragende Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik, den sozialen Bereichen, der Kunst und Kultur und vor allem die Geistesgrößen, deren Erfahrungen die geistige Entwicklung des Menschen voranbringen, das sind die wahren Magier unserer Zeit. Für all dies braucht man keine magische Macht, die würde eher hinderlich sein. Heute vollbringt die Technik die Wunder.

Wenn ich trotzdem eine magische Schulung propagiere, dann deswegen, weil sie die einzige Geistesschulung ist, welche die Beherrschung der Körpertriebe, die Veredelung der seelischen Regungen, die Stärkung der geistigen Vorstellungskraft und die Stabilisierung des Bewusstseins gleichermaßen verfolgt. Die Arbeit mit dem Geist ist die Arbeit an sich selbst, und was dabei herauskommt, ist ein völlig neues Wesen, dessen Geiststruktur auch ohne Körper bestehen kann.

Man wird zwar nicht in wenigen Jahren ein Adept, aber die magische Entwicklung lässt sich auch an kleinen Erfolgen im Alltag messen. Je länger man einem geistigen Weg folgt, umso deutlicher wir deinem bewusst, dass gerade für den fortgeschrittenen Hermetiker der Alltag als Schule immer mehr an Bedeutung gewinnt. Natürlich meine ich damit den geisteswach, bewusst erlebten Alltag und nicht den dumpf, von Lärmmusik und Stress betäubt ertragenen Tagesfrust.

Die Übungen des bewussten Wachseins, die ich in meinen Büchern immer wieder hervorhebe, in Verbindung mit der bewussten Erfüllung der täglich anfallenden Pflichten, sind mehr „Yoga“ als stundenlanges Meditieren. Wer solchermaßen geistbewusst durchs Leben geht, nützt seine irdische Lebenszeit besser als ein fanatischer Asket oder frommer Eremit.

Übungsprogramm

Das möge alle Leser trösten, die bereits Franz Bardons „Weg zum wahren Adepten“ folgen und entmutigt sind oder ein schlechtes Gewissen haben, weil sie ihre Übungen nicht regelmäßig durchführen und scheinbar nicht weiterkommen. Es gehört zum „Weg“, dass man zeitweise von ihm abkommt, zweifelt, ja sogar das Ziel aus den Augen verliert. Diejenigen, die wirklich konsequent über Monate und Jahre ein vorgegebenes Übungsprogramm durchziehen, folgen in der Regel einem sehr engen einseitigen Pfad, getrieben von Neugierde, Ehrgeiz, Fanatismus oder Sektierertum, und nur ganz selten wirklich der persönlichen geistigen Bestimmung. Wir haben uns nicht im Diesseits inkarniert, um dann gebannt auf ein Jenseits zu starren. Magie und Mystik dürfen weder die Freuden des Lebens noch den Boden der Vernunft vergessen lassen.

Das soll natürlich  nicht heißen, dass man auf jede Geistesschulung verzichten kann. Im Gegenteil, jede kleinste bewusst bearbeitete Regung ist ein Molekül für den geistigen Leib und jede Schwäche wird seine Ausformung verhindern. Eine ehrliche Selbstprüfung ist daher angebracht, bevor man sich mit den Übungen der Magie und Mystik des 3. Jahrtausends auseinandersetzt. Nicht jeder, der sich für einen Esoteriker hält, folgt auch tatsächlich einem geistigen Weg. Nur weil jemand an übersinnliche Dinge glaubt, ist er noch lange kein Hermetiker.

Die Beweggründe, warum sich jemand der Magie und Mystik zuwendet, sind vielfältig und unterscheiden sich in der Regel grundlegend von den späteren Beweggründen, die einen nach vielen Jahren des Suchens und Versuchens dem Weg weiter folgen lassen. Am Anfang sind es zumeist Neugierde, Wissensdurst und Forschungsdrang, die das Interesse am Übersinnlichen wecken und ins Abenteuer der Magie und Mystik drängen. Daraus wird nicht selten okkulter Ehrgeiz, fanatisches Streben nach Erkenntnissen und magischer Macht, eine Sucht, die sämtliche anderen Interessen verdrängt. Man lese dazu Bulwer-Lyttons Roman „Zanoni“ sowie „Der Rote Löwe“ von Maria Szepes. Manchmal leiten Schicksalsschläge, Enttäuschungen oder schwärmerische Romantik und die Suche nach Geborgenheit eine Abkehr vom Irdischen und eine Zuwendung zu geistigen Werten ein. Es können aber auch umgekehrt ganz profane Wünsche sein, die einen geistige Mittel und Wege suchen lassen, um damit die materiell ausgerichteten Ziele Reichtum, Gesundheit, Liebe und Macht zu erreichen.

Wer einem geistigen Weg folgt, sollte dabei gar nichts anstreben und langsam vorgehen. Hermetische Praxis bedeutet nicht nur, dass alles Gelesene auch verstanden und selbst erarbeitet  werden muss, das man Übungen macht und das Erlernte beherrscht, sondern verlangt noch viel mehr, dass sich die Früchte des Strebens als Fähigkeiten und Charaktereigenschaften auch im täglichen Leben und zwar besonders im Umgang mit seinen Mitmenschen zeigen. Wenn das nicht der Fall ist, ist man entweder zu schnell und einseitig vorgegangen, oder man folgt einem falschen Weg. Nur wer auch tatsächlich Wahrheit, Gerechtigkeit und Mitgefühl zu seinem Lebensinhalt macht und in der Praxis lebt, ist imstande, die letzten großen Mysterien und sein wahres ICHSELBST in vollem Umfang wachbewusst zu erfassen. Woran erkennt man, dass man sich auf dem richtigen Weg befindet? Was zeugt von geistiger Reife?

Meisterschaft

Die wahre Meisterschaft zeigt sich nicht in Wundertaten oder spektakulären mystischen Erlebnissen, sondern an der inneren Einstellung, mit der man das Leben meistert, und daran, wie man mit seinen Sorgen, Problemen und mit seinen Mitmenschen umgeht. Bescheidenheit und Genügsamkeit stimmen das Wesen zufrieden und harmonisch auf die Gegebenheiten ein. Wünsche schwinden, die früher von Bedeutung waren. Gelassenheit bei Misserfolgen und Geduld wahren den Abstand zu bedrängenden Ereignissen. Das Bedürfnis nach Zurückgezogenheit wächst, während Anerkennung durch andere immer unwichtiger erscheint. Absolute Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Toleranz und verständnisvolles Mitgefühl anderen gegenüber zeichnen den Charakter aus. Für andere ein Opfer zu bringen, wird als Bereicherung empfunden. Verzicht erfordert keinen besonderen Kraftaufwand mehr. Erwartungen realisieren sich scheinbar ohne besonderes Zutun. Man kennt seine Schwächen und nützt seine Stärken und bewahrt Gleichmut im Glück und im Leid.

Ein Meister der Hermetik sucht nicht mehr nach verstaubten Manuskripten, ehrwürdigen Orden, geheimen Formeln, Ritualen oder unbekannten Instruktionen, er sucht seinen Meister nicht in einem „Guru“ sondern findet ihn in den heiligen sekundenlangen Ewigkeiten, in denen er sich mit seinem wahren ICH SELBST, das er im Laufe seiner geistigen Entwicklung aus sich heraus gestaltet hat, identifiziert.

Das ist gemeint, wenn das steht:

Leget ab den alten Menschen mit seinen Werken,
und ziehet an deinen neuen Menschen mit seinen Werken,
und ziehet an einen neuen Menschen,
der nach Gott geschaffen ist.
Paulus, Eph. 4, 22

Der Schmuck, von dem Hildegard von Bingen schwärmt, ist ein inwendiger Schatz, es sind geistige Werte, sind die beherrschten und veredelten Geist- und Seelenmoleküle, die man durch die magische Schulung aus sich heraus gearbeitet und angezogen hat.

Vorwort aus dem Buch „Die Vier Elemente“ von Emil Stejnar. Erstauflage Ibera Verlag Wien, 2008

 

 

 

 

 

 

 


Gleich hier bestellen: Die Vier Elemente